Wer als Auftragnehmer ein Bauprojekt betreut, steht vor der Frage, wie mit möglichen Mängeln umgegangen werden soll. Erfahren Sie hier, wie die Hinweis- und Prüfungspflichten des Auftragnehmers eine Schlüsselrolle beim Umgang mit diesen Herausforderungen spielen.

Wie bereits in vorherigen Beiträgen beleuchtet, liegt, wenn vertragliche Leistungen unzureichend erfüllt wurden, der sogenannte funktionale Mangel vor. Der Begriff des funktionalen Mangels spielt vor allem bei der Bestimmung von Prüfungs- und Hinweispflichten in Vertragsverhältnissen eine wichtige Rolle, da durch eine ordnungsgemäße Ausgestaltung dieser Pflichten nicht nur mögliche Mängel verhindert, sondern auch rechtliche Risiken minimiert werden können. Es gilt zunächst, zu analysieren, welche rechtlichen Konsequenzen eine unzureichende Ausformulierung der Prüfungs- und Hinweispflichten haben können und wie diese ausgestaltet werden müssen, um Konsequenzen in der Praxis zu umgehen.

Die rechtliche Bedeutung der Prüfungs- und Hinweispflichten für Auftragnehmer

Warum Anforderungen an Prüfungs- und Hinweispflichten des Auftragnehmers gelten, skizziert ein Urteil des Brandenburgischen Oberlandesgerichts aus dem Jahr 2020: Aufgrund eines Mangels am Bauwerk (Rohrbelüfter) erhob die Auftraggeberin Schadensersatzansprüche. Das Gericht entschied, dass der Auftragnehmer von seiner Mängelhaftung hätte befreit werden können, sofern er seine Prüfungs- und Hinweispflichten gemäß der Vertragsbedingungen erfüllt hätte. Da dies jedoch nicht der Fall war, da „die Architekten [hätten] erkennen können und müssen, dass der Einsatz von Rohrbelüftern anstelle einer über Dach geführten Hauptlüftung insbesondere bei einem Bauvorhaben [eines Mehrfamilienhauses] gegen anerkannte Regeln der Technik verstößt […]“ (Brandenburgisches Oberlandesgericht, Urteil vom 20. Mai 2020 – 11 U74/18 – Rn. 28), wurden die Schadensersatzansprüche geltend gemacht. Diese Entscheidung des Gerichts unterstreicht die Tatsache, dass die Prüfungs- und Hinweispflichten eine kritische Komponente des Bauvorhabens darstellen, denn sie dienen nicht nur dazu, Mängel zu identifizieren, sondern auch dazu, Haftungsrisiken zu minimieren und die Qualität des Bauvorhabens sicherzustellen.

Die Prüfungs- und Hinweispflichten des Auftragnehmers sollten wie folgt ausgestaltet sein:

  • Zeitliche Präzision: Ein Bedenkenhinweis muss zur richtigen Zeit erfolgen, um seine Wirkung zu entfalten. Er muss in der gebotenen Form und mit notwendiger Klarheit gegeben werden, damit der richtige Adressat die Tragweite der Nichtbefolgung erkennen kann.
  • Konkrete Darlegung von Gefahren: Der Hinweis muss inhaltlich klar, vollständig und erschöpfend sein. Er sollte die aus der geplanten Werkleistung resultierenden Gefahren konkret darlegen, damit die möglichen Folgen der Nichtbeachtung für den Empfänger ersichtlich sind.
  • Vermeidung pauschaler Erklärungen: Allgemeine, pauschale Erklärungen sind unzureichend, insbesondere bei Fachunternehmen. Der Hinweis muss konkret auf das Projekt und die spezifischen Anforderungen zugeschnitten sein.
  • Schriftliche Kommunikation: Bedenken müssen schriftlich mitgeteilt werden, um eine klare Dokumentation und Nachvollziehbarkeit sicherzustellen.
  • Rechtzeitige Mitteilung: Die Mitteilung von Bedenken sollte unverzüglich erfolgen, um mögliche Schäden zu verhindern oder zu minimieren.
  • Beweislast beim Unternehmer: Der Auftragnehmer trägt die Beweislast für die ordnungsgemäße Erfüllung der Prüfungs- und Hinweispflichten.
  • Umfang der Prüfung: Der Prüfungsumfang variiert je nach den Projektspezifikationen. Der Auftragnehmer sollte die Anforderungen und Vorgaben genau berücksichtigen.
  • Fehlender Hinweis führt zur Mangelhaftigkeit: Unterlassene oder unzureichende Hinweise können zur Mangelhaftigkeit des Werks führen und rechtliche Konsequenzen nach sich ziehen.
  • Komplexität erfordert präzise Hinweise: Besonders in komplexen Projekten oder bei Fachunternehmen sind präzise Hinweise und Kommunikation entscheidend, um die Pflichten ordnungsgemäß zu erfüllen.

Da die rechtlichen Konsequenzen bei Vernachlässigung dieser Pflichten erheblich sein können, ist unerlässlich, sich ihrer Tragweite bewusst zu sein. Die Analyse und Erfüllung dieser Pflichten erfordert Fachkompetenz, technisches Verständnis und die Fähigkeit zur präzisen Kommunikation, was eine enge Zusammenarbeit zwischen Auftraggeber und einem erfahrenen Anwalt für Bau- und Architektenrecht erforderlich macht.