Wenn Versicherer im Rahmen einer fiktiven Abrechnung Schadenspositionen kürzen, verweisen sie nur zu gerne auf eine günstigere Reparaturmöglichkeit in einer ihnen nahestehenden Werkstatt. Doch ist der Verweis auf eine Partnerwerkstatt des Versicherers überhaupt zulässig?

Foto von Gustavo Fring von Pexels
Nach einem Unfall ist es dem Geschädigten grundsätzlich freigestellt, ob er den entstandenen Schaden voll, teilweise oder überhaupt nicht reparieren lässt. Nach der Rechtsprechung hat der Geschädigte ein Anspruch auf Ersatz der in einer markengebundenen Vertragswerkstatt anfallenden Reparaturkosten ungeachtet dessen, für welche dieser Option er sich entscheidet.

So weit die Theorie. In der Praxis kommt es dennoch häufig vor, dass Versicherer Schadenspositionen zusammenkürzen, wenn sich der Geschädigte für eine Abrechnung auf Grundlage eines Schadensgutachtens entscheidet (fiktive Abrechnung). Regelmäßig verweisen Versicherer in diesem Zusammenhang auf die günstigeren Stundenverrechnungssätze von einer mit ihnen in vertraglicher Verbindung stehenden Kooperations- oder Partnerwerkstatt.

Sonderkonditionen des Versicherers

Laut einem Urteil des Amtsgerichts Hamburg muss sich ein Geschädigter aber nicht auf eine versicherungsnahe Werkstatt verweisen lassen (AG Hamburg, Urteil vom 20. November 2014 – 50a C 220/12). Eine Verweisung sei ausgeschlossen, wenn wie im vorliegenden Fall „die konkrete Ausgestaltung der vertraglichen Beziehungen, und damit der Umfang eines etwaig zugesagten Auftragsvolumens, sowie die Frage in welchem Verhältnis jährlich Aufträge für Versicherungen und Privatkunden abgewickelt werden, unbekannt sind.“

Ferner sei nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs eine Reparatur in einer „freien Fachwerkstatt“ dem Geschädigten insbesondere dann unzumutbar, wenn der Preisvorteil nur daher rührt, dass es eine vertragliche Vereinbarung mit dem Versicherer gibt, die diesem Sonderkonditionen einräumt (BGH, Urteil vom 22. Juni 2010, VI ZR 337/09).

Doch damit nicht genug. Nach dem Sinn und Zweck der in § 249 Abs. 2 S. 1 BGB normierten Ersetzungsbefugnis sei eine Verweisung nicht nur dann ausgeschlossen, wenn innerhalb desselben Betriebes unterschiedliche Preise für „Versicherungskunden“ und „private Kunden“ existieren, sondern auch dann, wenn die betreffende Werkstatt nahezu ausschließlich für Versicherer tätig ist oder eine dauerhafte vertragliche Verbindung besteht.

Verweisung auf Partnerwerkstatt nicht hinnehmen

Lassen Sie sich bei einer fiktiven Abrechnung nicht auf eine versicherungsnahe Werkstatt verweisen und akzeptieren Sie keine scheinbar willkürliche Kürzung. Lassen Sie sich von einem Anwalt für Verkehrsrecht unserer Kanzlei beraten. Wir prüfen für Sie die Verweisung auf Wirksamkeit und helfen Ihnen dabei, Ihre Ansprüche gegenüber dem Versicherer geltend zu machen.

Noch heute Beratung anfordern!