Zum 01.01.2018 wurde der Verbraucherbauvertrag in das BGB eingefügt. In diesem Beitrag
möchte ich Ihnen einen Überblick über wichtige Aspekte geben, die sich im Rahmen des
Verbraucherbauvertrages ergeben können: die Erfüllungsbürgschaft und Mehrkosten der
Fertigstellung bei Insolvenz des Bauunternehmens.

Verbraucherbauvertrag

Ein Verbraucherbauvertrag nach § 650i BGB liegt vor, wenn ein Verbraucher einen
Unternehmer mit dem Bau eines neuen Gebäudes oder erheblichen Umbauten an einem
bestehenden Gebäude beauftragt. Dazu zählen insbesondere Neubauten wie Fertighäuser oder
vergleichbare Projekte. Die unklare gesetzliche Definition führt häufig zu Streit, etwa über
den Auftragsumfang oder die Vergabe der Leistungen an Einzelgewerke statt an einen
Generalunternehmer.

Das OLG München (Urteil vom 9. Juni 2022, Az. 20 U 8299/21 Bau) verneinte einen
Verbraucherbauvertrag bei gewerkeweiser Vergabe, während das OLG Zweibrücken (Urteil
vom 29. März 2022, Az. 5 U 52/21) diesen bejahte. Ob ein Bauvertrag nach § 650a oder §
650i BGB einzuordnen ist, hat erhebliche rechtliche Folgen für beide Seiten.

Wesentliche Bestandteile eines Verbraucherbauvertrags:

  • Bau- und Leistungsbeschreibung: Der Unternehmer muss eine detaillierte und
    verständliche Bau- und Leistungsbeschreibung vorlegen. Diese muss alle wesentlichen
    Merkmale des Bauprojekts enthalten, wie z. B. die Art und Qualität der
    Baumaterialien, die geplante Bauzeit sowie die technischen Spezifikationen.

  • Widerrufsrecht: Der Verbraucher hat das Recht, den Bauvertrag innerhalb von 14
    Tagen ohne Angabe von Gründen zu widerrufen. Dies bietet dem Verbraucher eine
    wichtige Schutzfunktion und ermöglicht es ihm, von einem unüberlegten
    Vertragsabschluss zurückzutreten.

  • Baubeginn und Fertigstellung: Der Bauvertrag muss verbindliche Angaben zum
    Baubeginn und zur Fertigstellung des Bauvorhabens enthalten. Verzögerungen können
    erhebliche finanzielle und persönliche Schwierigkeiten verursachen, daher ist eine
    präzise Planung essenziell.

  • Sicherheitsleistung: Der Unternehmer ist verpflichtet, dem Verbraucher eine
    Sicherheit für die rechtzeitige und vertragsgemäße Ausführung des Bauvorhabens zu
    leisten. Eine Form dieser Sicherheitsleistung ist die Erfüllungsbürgschaft.

Erfüllungsbürgschaft

Die Erfüllungsbürgschaft ist eine wesentliche Sicherungsmaßnahme im Bauvertragsrecht. Sie
dient dazu, den Auftraggeber vor möglichen Risiken zu schützen, die durch die
Nichterfüllung des Bauvertrags durch den Bauunternehmer entstehen können.

Funktionsweise der Erfüllungsbürgschaft:

  • Definition und Zweck: Eine Erfüllungsbürgschaft ist eine Garantie, die von einer
    Bank oder Versicherung zugunsten des Bauherrn ausgestellt wird. Sie sichert den
    Bauherrn ab, falls der Bauunternehmer seine vertraglichen Pflichten nicht erfüllt. Dies
    kann beispielsweise bei Insolvenz des Bauunternehmers der Fall sein.

  • Höhe der Bürgschaft: Die Höhe der Erfüllungsbürgschaft beträgt in der Regel 5 bis
    10 Prozent der Auftragssumme. Dieser Betrag stellt sicher, dass der Bauherr
    ausreichend Mittel hat, um mögliche Mehrkosten zu decken, die durch die
    Beauftragung eines neuen Bauunternehmers entstehen könnten.

  • Inanspruchnahme der Bürgschaft: Im Falle einer Nichterfüllung des Bauvertrags
    durch den Bauunternehmer, beispielsweise bei Insolvenz, kann der Bauherr die
    Erfüllungsbürgschaft in Anspruch nehmen. Die Bank oder Versicherung zahlt dann
    den Bürgschaftsbetrag an den Bauherrn aus, der diesen zur Fertigstellung des
    Bauprojekts verwenden kann.

Mehrkosten der Fertigstellung bei Insolvenz des Bauunternehmens

Die Insolvenz eines Bauunternehmens stellt für den Bauherrn eine erhebliche
Herausforderung dar. Neben finanziellen Verlusten drohen auch Verzögerungen und
Unsicherheiten hinsichtlich der Fertigstellung des Bauvorhabens.
Ursachen und Folgen:

  • Ursachen der Insolvenz: Insolvenzen können verschiedene Ursachen haben, wie z. B.
    Fehlkalkulationen, unzureichende Liquidität oder wirtschaftliche Schwierigkeiten. Für
    den Bauherrn bedeutet dies oft, dass das Bauvorhaben nicht planmäßig abgeschlossen
    werden kann.

  • Mehrkosten: Bei Insolvenz des Bauunternehmens müssen in der Regel Mehrkosten
    für die Fertigstellung des Bauvorhabens einkalkuliert werden. Diese entstehen durch
    die Suche und Beauftragung eines neuen Unternehmens sowie durch eventuelle
    Preissteigerungen und notwendige Nacharbeiten. Folgende Mehrkosten sind typisch:
    o Kosten für Abbruch- und Wiederherstellungsarbeiten: Wenn das
    insolvente Unternehmen bereits begonnen hat, können unvollständige oder
    fehlerhafte Arbeiten eine zusätzliche Belastung darstellen.
    o Preissteigerungen: Neue Angebote von anderen Bauunternehmen können
    höhere Kosten beinhalten, insbesondere wenn die Marktbedingungen sich
    geändert haben.
    o Verzögerungskosten: Jede Verzögerung kann zu zusätzlichen Kosten führen,
    wie z. B. Finanzierungskosten, Mietkosten für alternative Unterkünfte oder
    Lagerkosten für Baumaterialien.
    o Verwaltungskosten: Die Organisation und Verwaltung des Weiterbaus,
    einschließlich der rechtlichen Beratung, kann zusätzliche Ausgaben
    verursachen.

  • Rechtsansprüche des Bauherrn: Der Bauherr hat verschiedene rechtliche
    Möglichkeiten, um die Mehrkosten geltend zu machen. Dazu gehört die
    Inanspruchnahme der Erfüllungsbürgschaft, aber auch Schadensersatzansprüche
    gegenüber dem insolventen Bauunternehmer oder dessen Insolvenzverwalter. Es ist
    ratsam, rechtzeitig Kontakt mit einem spezialisierten Anwalt aufzunehmen, um die
    bestmögliche Strategie zu entwickeln.

  • Vorsorgemaßnahmen: Um sich vor den finanziellen Risiken einer Insolvenz des
    Bauunternehmens zu schützen, sollten Bauherren bereits bei Vertragsabschluss auf
    ausreichende Sicherheitsleistungen achten. Neben der Erfüllungsbürgschaft können
    auch Zahlungseinbehalte oder Vorkehrungen zur Absicherung von
    Bauzwischenständen hilfreich sein. Ein gut ausgearbeiteter Bauvertrag und
    regelmäßige Überprüfungen der finanziellen Situation des Bauunternehmens können
    ebenfalls präventiv wirken.

Fazit

Ein Bauprojekt ist eine komplexe Angelegenheit, die sorgfältige Planung und umfassende
rechtliche Absicherung erfordert. Der Verbraucherbauvertrag bietet dabei einen wichtigen
Schutzrahmen für private Bauherren. Durch die Vereinbarung von Erfüllungsbürgschaften
und weiteren Sicherungsmaßnahmen können Bauherren das Risiko minimieren, im Falle einer
Insolvenz des Bauunternehmens erhebliche Mehrkosten tragen zu müssen.
Als erfahrener Fachanwalt für Bau- und Architekturrecht stehe ich Ihnen bei allen Fragen
rund um das Bauvertragsrecht zur Seite. Ich unterstütze Sie bei der Vertragsgestaltung, der
Prüfung von Sicherungsmaßnahmen und vertrete Sie bei rechtlichen Auseinandersetzungen.
Kontaktieren Sie mich gerne für eine individuelle Beratung.
Ich hoffe, dieser Beitrag konnte Ihnen einen hilfreichen Überblick über das Thema bieten. Für
weiterführende Informationen und eine persönliche Rechtsberatung stehe ich Ihnen jederzeit
zur Verfügung.