Rücktritt vom Bauvertrag bei Mängeln – Wann ist das möglich?

Auch der Bau einer Poolanlage kann ein komplexes Vorhaben werden, bei dem Bauherren und Bauunternehmen oft unterschiedliche Erwartungen haben. Kommt es zu Mängeln, stellt sich die Frage, ob der Bauherr vom Bauvertrag zurücktreten kann.

Grundsätzlich regelt das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) den Rücktritt von einem Vertrag in § 323 Abs. 5 S. 2 BGB. Demnach ist ein Rücktritt ausgeschlossen, wenn die Pflichtverletzung des Unternehmers unerheblich ist. Ob dies der Fall ist, wird durch eine umfassende Interessenabwägung im Einzelfall entschieden.

Besonders problematisch ist der Rücktritt, wenn bereits umfangreiche Baumaßnahmen erbracht wurden. Denn in solchen Fällen kann der Bauherr die erbrachte Leistung nicht einfach zurückgeben, was rechtliche und wirtschaftliche Schwierigkeiten mit sich bringt. Das Kammergericht (KG) Berlin hat in einem aktuellen Urteil zu einem Swimmingpool-Bauvertrag klargestellt, wann ein Rücktritt noch möglich ist und wann nicht.

Der Swimming Pool Fall: Hintergrund und rechtliche Problemstellung

In dem vom KG Berlin, 21. Zivilsenat Urteil vom 18.06.2024, AZ 21 U 20/23, entschiedenen Fall ging es um den Bau eines Swimmingpools auf einem privaten Grundstück. Die Bauherrin hatte mit einem Unternehmen einen Bauvertrag über die Errichtung eines Pools samt Überdachung geschlossen. Nachdem der Pool fertiggestellt war, stellten sich Mängel heraus. Die Bauherrin war insbesondere mit der Funktionsweise der Überdachung unzufrieden und rügte, dass das Fundament der Laufschienen mangelhaft sei. Sie forderte die Mängelbeseitigung, die jedoch nicht zu ihrer Zufriedenheit erfolgte.

Nach mehreren erfolglosen Nachbesserungsversuchen erklärte die Bauherrin schließlich den Rücktritt vom Bauvertrag und weigerte sich, den restlichen Werklohn zu zahlen. Das Bauunternehmen klagte daraufhin auf Zahlung der ausstehenden Vergütung. Die zentrale Frage im Rechtsstreit war, ob die gerügten Mängel eine erhebliche Pflichtverletzung darstellten und ob der Rücktritt rechtmäßig war.

Interessenabwägung: Wann ist ein Rücktritt gerechtfertigt?

Ob ein Rücktritt von einem Bauvertrag zulässig ist, hängt von der Schwere der Pflichtverletzung ab. Eine unerhebliche Pflichtverletzung reicht nicht aus.

Ein entscheidendes Kriterium bei der Interessenabwägung ist der Umfang der bereits erbrachten Bauleistung. Je weiter der Bau fortgeschritten ist, desto schwieriger wird ein Rücktritt. Denn während man bei einem Kaufvertrag die Kaufsache einfach zurückgeben kann, ist dies bei einem fest installierten Bauwerk kaum möglich.

Darüber hinaus kommt es darauf an, wie gravierend die festgestellten Mängel sind. Handelt es sich um kleinere Mängel, die durch eine Nachbesserung behoben werden können, ist ein Rücktritt nicht gerechtfertigt. Nur wenn die Mängel die Nutzung des Bauwerks erheblich beeinträchtigen oder unzumutbar machen, kann der Besteller einen Rücktritt erklären.

Entscheidung des KG Berlin: Warum war der Rücktritt unwirksam?

Das KG Berlin entschied, dass der Rücktritt der Bauherrin unwirksam war.

Das Gericht stellte fest, dass zwar Mängel an der Poolanlage vorlagen, diese jedoch nicht erheblich genug waren, um einen Rücktritt zu rechtfertigen. Insbesondere waren die Mängel an der Überdachung und dem Fundament der Laufschienen behebbar. Die Kosten der Mängelbeseitigung beliefen sich auf einen vergleichsweise geringen Betrag im Vergleich zur gesamten Bausumme. Nach Auffassung des Gerichts waren die Mängel daher als unerheblich einzustufen, sodass ein Rücktritt nach § 323 Abs. 5 S. 2 BGB ausgeschlossen war.

Statt eines Rücktritts hätte die Bauherrin alternative rechtliche Mittel nutzen können. So sieht das Gesetz in § 637 BGB vor, dass der Besteller einen Vorschuss für die Mängelbeseitigung verlangen kann. Auch eine Minderung des Werklohns oder ein Schadensersatzanspruch wären denkbare Alternativen gewesen.

Praxistipps für Bauherren und Auftragnehmer

Das Urteil des KG Berlin zeigt deutlich, dass ein Rücktritt vom Bauvertrag nur unter strengen Voraussetzungen möglich ist. Sobald der Bau weit fortgeschritten ist und Mängel mit vertretbarem Aufwand behoben werden können, ist ein Rücktritt ausgeschlossen.

Für Bauherren bedeutet dies, dass sie Mängel frühzeitig dokumentieren und klare Fristen für deren Beseitigung setzen sollten. Falls eine Nachbesserung nicht erfolgt, sollten alternative Rechtsmittel wie die Mängelbeseitigung auf eigene Kosten mit Vorschussanspruch nach § 637 BGB oder eine Minderung des Werklohns in Betracht gezogen werden.

Für Bauunternehmen ist das Urteil eine Bestätigung dafür, dass ein Rücktritt des Bestellers nicht ohne weiteres möglich ist. Dennoch sollten sie darauf achten, Mängel professionell zu beseitigen und den Bauherren keine Angriffsfläche für weitergehende Ansprüche zu bieten. Falls Sie sich in einer ähnlichen Situation befinden und rechtliche Beratung benötigen, stehe ich Ihnen als Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht gerne zur Seite.

FAQ – Rücktritt vom Bauvertrag bei Mängeln

1. Kann ein Bauvertrag auch vor Beginn der Bauarbeiten widerrufen werden?
Ein Bauvertrag kann in der Regel nicht einfach widerrufen werden, es sei denn, es handelt sich um einen Verbraucherbauvertrag nach § 650i BGB. Dann besteht ein 14-tägiges Widerrufsrecht, wenn der Vertrag außerhalb von Geschäftsräumen geschlossen wurde.

2. Welche Fristen gelten für die Mängelbeseitigung, bevor ein Rücktritt möglich ist?
Der Bauherr muss dem Bauunternehmen eine angemessene Frist zur Nachbesserung setzen. Die Dauer hängt vom Umfang der Mängel ab, beträgt aber in der Regel zwischen zwei und vier Wochen. Eine zu kurze Frist kann den Rücktritt unwirksam machen.

3. Was passiert, wenn der Bauherr ohne berechtigten Grund vom Bauvertrag zurücktritt?
Ein unberechtigter Rücktritt kann dazu führen, dass das Bauunternehmen Anspruch auf Schadensersatz oder die volle Vergütung hat. Zudem kann der Bauherr verpflichtet sein, bereits erbrachte Leistungen abzunehmen.

4. Kann ein Bauunternehmen selbst vom Vertrag zurücktreten, wenn der Bauherr nicht zahlt?
Ja, wenn der Bauherr trotz Fälligkeit und Mahnung nicht zahlt, kann das Unternehmen vom Vertrag zurücktreten. In manchen Fällen kann es auch die Arbeiten einstellen oder Sicherheiten verlangen (§ 648a BGB).

Falls Sie weitere Fragen haben oder rechtliche Beratung benötigen, stehe ich Ihnen gerne zur Verfügung!