Seit Ausbruch der Corona-Pandemie herrscht bei vielen Reisenden Verunsicherung: Kann eine bereits gebuchte Pauschalreise kostenlos storniert werden? Und wenn ja, welche Voraussetzungen gelten für den vorzeitigen Rücktritt?
Grundsätzlich gilt: Eine Stornierung kann jederzeit für jede Reise vorgenommen werden. Tritt der Reisende vom Vertrag zurück, verliert der Reiseveranstalter den Anspruch auf den vereinbarten Reisepreis. Der Reiseveranstalter kann dann eine angemessene Entschädigung verlangen (§ 651h Abs. 1, S. 2 u. 3 BGB).
Unter bestimmten Umständen kann der Reisende sich jedoch auf höhere Gewalt berufen und gemäß § 651h Abs. 3 BGB kostenfrei vom geschlossenen Reisevertrag zurücktreten. Meist ist dies nur dann möglich, wenn zum Zeitpunkt der Rücktrittserklärung am Bestimmungsort oder in dessen unmittelbarer Nähe unvermeidbare außergewöhnliche Umstände auftreten, die die Durchführung der Pauschalreise oder die Beförderung von Personen an den Bestimmungsort erheblich beeinträchtigen.
Ist die Corona-Pandemie eine solche Beeinträchtigung?
Bei der Frage, ob eine erhebliche Beeinträchtigung oder auch Gefährdung einer Pauschalreise vorliegt, kommt es nicht auf die subjektive Einschätzung des Reisenden an, sondern auf die objektive Lage am Urlaubsort zum Zeitpunkt des Reiserücktritts. Die reine Angst vor einer Erkrankung mit dem Corona-Virus an sich rechtfertigt noch keine kostenlose Stornierung (vgl. AG München, Urteil vom 27.Oktober 2020 – 159 C 13380/20). Unvermeidbare außergewöhnliche Umstände sind aber ein starkes Auftreten des Virus vor Ort oder behördliche Anordnungen und Einschränkungen zur Eindämmung der Verbreitung der Krankheit am Urlaubsort. Darunter fallen beispielsweise eine Reisewarnung des Auswärtigen Amtes, ein Einreiseverbot, eine Zwangsquarantäne bei Einreise oder eine Betriebsuntersagung von Hotels und Ferienanlagen.
Das bestätigte unlängst auch das Amtsgericht Hannover, welches einem Reisenden recht gab, der von seinem Reiseveranstalter forderte, die einbehaltenen Stornokosten für eine gebuchte Reise nach Hurghada (Ägypten) zurückzuzahlen (AG Hannover, Urteil vom 09. April 2021 – 502 C 12946/20). Der Kläger berief sich bei seiner Kündigung auf durch die Corona-Pandemie veranlassten außergewöhnlichen Umstände. Maßgeblich für die Entscheidung des Gerichts war dabei, dass für Ägypten zum Zeitpunkt der Rücktrittserklärung eine Reisewarnung galt.
Rücktritt ohne Reisewarnung: Können die Stornokosten dennoch erstattet werden?
Doch was ist, wenn zum Zeitpunkt der Rücktrittserklärung noch keine erhebliche Beeinträchtigung durch eine offizielle Reisewarnung oder Ähnliches vorlag? Ist dann die weitere Entwicklung zu berücksichtigen oder zählen ausschließlich die Verhältnisse zum Zeitpunkt des Reiserücktritts?
Das Amtsgericht Düsseldorf urteilte kürzlich, dass die Durchführung einer Reise gemäß § 651h Abs. 3 BGB auch ohne offizielle Reisewarnung dann bereits erheblich beeinträchtigt und die Stornogebühr zu erstatten seien, wenn sich absehen ließe, dass am Urlaubsort eine Maskenpflicht herrsche und der Reisende dadurch in weiten Teilen der üblichen Urlaubsgestaltung eine Mund-Nase-Bedeckung zu tragen habe – zumindest, wenn eine solche Maskenpflicht nicht am Heimatort des Reisenden bestünde (AG Düsseldorf, Urteil vom 12. Februar 2021 – 37 C 420/20).
Auch das Amtsgericht München mit Urteil vom 26. März 2021 entschied vor Kurzem, dass ein Reiseveranstalter keine Stornokosten erheben könne, auch wenn der Rücktritt bereits vor der Reisewarnung erklärt worden sei. Grund hierfür: Der Reiseveranstalter hatte die Reise, eine Kreuzfahrt, später selbst abgesagt.
Beide Urteile zeigen, dass die Forderung von Reisenden auf Rückerstattung der Stornokosten durchaus Erfolgschancen haben kann – selbst wenn keine Reisewarnung bestand. Auch wenn eine Reise aufgrund von Corona-Bestimmungen wesentlich geändert wird oder beispielsweise bestimmte Sehenswürdigkeiten nicht besucht werden können, stellt dies einen Reisemangel dar, der, sofern er erheblich ist, nach § 651l BGB zur Kündigung des Reisevertrags berechtigt. Die Erheblichkeit kann sich auch aus der Vielzahl von kleineren Mängeln ergeben.
Wenn Sie sich mit Reisemängeln oder hohen Stornokosten infolge eines Rücktritts von einer Pauschalreise konfrontiert sehen, macht es daher durchaus Sinn, rechtlichen Rat bei einem Anwalt für Reiserecht zu suchen.
Vereinbaren Sie noch heute ein Beratungsgespräch und schildern Sie mir Ihren konkreten Fall. Gerne prüfe ich für Sie, ob die Voraussetzungen für eine kostenfreie Kündigung vorliegen, und verhelfe Ihnen anschließend zu Ihrem guten Recht – gerichtlich und außergerichtlich.
Neueste Kommentare