Verursachen fehlerhaft ausgeführte Arbeiten weitergehende Schäden an anderen Teilen eines Gebäudes, besteht neben dem vertraglichen Anspruch aus § 634 BGB auch ein deliktischer Anspruch aus § 823 Abs. 1 BGB. Dies gilt, wenn der entstandene Schaden und der Mangelunwert nicht deckungsgleich sind.
Zu diesem Urteil kam der Bundesgerichtshof am 23. Februar 2021 (Aktenzeichen VI ZR 21/20).
Was war passiert?
1995 führte eine Sanitärfirma bei der Errichtung einer Sporthalle Installationsarbeiten mangelhaft durch: Die eingebauten Wasserhähne funktionierten zwar, waren jedoch undicht. Dies führte zu einer Durchnässung der Wände, Bodenplatten und Fußböden, die erst 2009 bemerkt wurde. Noch im selben Jahr wurden die unsachgemäß gekürzten Hahnverlängerungen ausgetauscht, um weitere Schäden am Gebäude zu vermeiden.
Die Kosten für Schadensermittlung und Sanierung des Wasserschadens summierten sich auf 243.944,72 Euro. Unter Abzug einer Wertverbesserung durch die Sanierungsarbeiten von 41.382,61 Euro belief sich der Schaden letztlich auf 202.562,11 Euro, welchen der Gebäudeversicherer des Halleneigentümers aus übergegangenem Recht vom Sanitärunternehmer zurückverlangte.
Die Entscheidung des Gerichts
Doch sowohl beim Landgericht Stralsund (LG Stralsund, Urteil vom 29.10.2014 – 7 O 333/12) als auch in der Berufung vor dem Oberlandgericht Rostock (OLG Rostock, Urteil vom 29.11.2019 – 5 U 30/15) hatte der klagende Versicherer des Auftraggebers mit seiner Forderung auf Schadenersatz keinen Erfolg: Gewährleistungsansprüche seien verjährt und deliktische Ansprüche mangels Eigentumsverletzung wegen Stoffgleichheit zwischen dem Schaden und dem Mangelunwert der Sache bestünden nicht.
Anderer Auffassung war hingegen der BGH im Revisionsverfahren. Er verneinte eine Stoffgleichheit. Zwar sei das OLG zutreffend davon ausgegangen, dass die Deliktsordnung nicht von der Vertragsordnung verdrängt wird und dass grundsätzlich jede Haftung ihren eigenen Regeln folgt, doch habe das OLG unzutreffend zwischen dem Interesse des Halleneigentümers, für seine Leistung eine mangelfreie Sache zu erhalten (Nutzungs- und Äquivalenzinteresse), und seinem Interesse daran, dass durch die in Verkehr gegebene Sache sein Eigentum oder Besitz nicht verletzt wird (Integritätsinteresse), unterschieden.
Decke sich der geltend gemachte Schaden nicht mit dem Unwert, welcher der Sache wegen ihrer Mangelhaftigkeit von Anfang an schon bei ihrem Erwerb anhaftet, bestehe neben dem (hier verjährten) vertraglichen Gewährleistungsanspruch auch ein deliktischer Anspruch wegen Eigentumsverletzung.
Im vorliegenden Fall sei die Installation der Wasserhähne zwar tatsächlich von Anfang an mangelhaft gewesen, doch seien andere Bauteile des Gebäudes erst im Laufe der Zeit beschädigt worden. Der von dem Mangel zunächst unberührte Teil der Halle habe daher einen eigenen Wert, der sich nicht mit dem durch die Mangelhaftigkeit der Sache erlittenen Schaden decke.
Laut BGH komme es hierbei nicht darauf an, dass es sich bei der errichteten Halle um eine Gesamtbaumaßnahme handele, auch sei nicht maßgebend, ob die Undichtigkeiten zwangsläufig zur Beschädigung der anderen Bauteile führen. Somit gelte die zehnjährige Verjährungsfrist gemäß § 199 Abs. 3 S. 1 BGB.
Fazit
Kommt es zu Schäden durch fehlerhafte Werkleistung, dann können dem Geschädigten vertragliche Ansprüche aus Werk-/Bauvertrag nach § 634 BGB und zugleich deliktische Ansprüche wegen Eigentumsverletzung nach § 823 BGB zustehen.
Dies ist besonders mit Blick auf die Verjährung von Bedeutung, denn werkvertragliche Ansprüche unterliegen einer kürzeren Verjährung (§ 634a BGB) als deliktische Ansprüche. Während die verschuldensunabhängige Haftung des Auftragnehmers für den Mangel spätestens nach fünf Jahren verjährt, besteht die deliktische Haftung fort und verjährt erst nach zehn Jahren – und das nicht etwa beginnend mit der Abnahme der fehlerhaften Werkleistung, sondern mit der Entstehung des Schadens an den umliegenden Gebäudeteilen.
Somit kann für Werkunternehmer noch Jahre nach der eigentlichen Leistungserbringung ein Haftungsrisiko bestehen.
Speziell bei solch komplexen Themen wie Mangel und Haftung ist die frühzeitige Beratung durch einen spezialisierten Anwalt für Baurecht unerlässlich, wenn Sie rechtliche Konsequenzen vermeiden oder mindern wollen.
Der Haftung für den Mangel hätte die Heizungsbaufirma laut BGH durch Nachkommen seiner Prüfungs- und Hinweispflichten entgehen können, wenn sie den Auftraggeber nur vorzeitig über das mangelhafte Blockheizkraftwerk und die damit verknüpfte Funktionsunfähigkeit der Heizungsanlage informiert hätte.
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