Trägt Ihr Haus oder Ihre Wohnung wegen Arbeiten am Nachbargrundstück Schäden davon, stellt sich schnell die Frage der Haftung: Haftet der Bauherr oder die ausführende Baufirma? Die gute Nachricht ist: In der Regel haften beide als Gesamtschuldner. Doch wie sieht es aus, wenn bei Arbeiten auf dem Gelände nebenan eine Bombe aus dem Zweiten Weltkrieg explodiert?
Das Oberlandesgericht Köln (OLG) hat in einem solchen Fall entschieden, dass für Schäden, die durch die Explosion einer Bombe aus dem Zweiten Weltkrieg verursacht wurden, keine Haftung aus der direkten Anwendung des § 906 Abs. 2 S. 2 BGB besteht. Auch eine analoge Anwendung des § 906 Abs. 2 S. 2 BGB käme nicht in Betracht, so das Urteil (OLG Köln, Urteil vom 10. April 2018 – I-25 U 30/16).
Was war passiert?
Bei der Beklagten handelte es sich um einen Recyclingbetrieb für Bauschutt. Als einer der Baggerfahrer der Betreiberfirma einen großen Schuttbrocken aufnahm, um ihn zu zerkleinern, ereignete sich eine Explosion auf dem Grundstück des Recyclinghofs. Im Bauschutt hatte sich nämlich eine Bombe aus dem Zweiten Weltkrieg befunden.
Bei dem Vorfall kam der Baggerführer ums Leben, zwei weitere Mitarbeiter des Beklagten wurden schwer verletzt. Durch die Explosion entstanden an den angrenzenden Grundstücken und Gebäuden sowie baulichen Anlagen außerdem erhebliche Schäden, welche die Klägerin als Gebäudeversicherung in streitigem Umfang reguliert hatte.
Den geleisteten Regulierungsaufwand (953.863,73 Euro) und Sachverständigenkosten (54.085,46 Euro) verlangte die Klägerin aus übergegangenem Recht gemäß § 86 VVG vom Beklagten zurück.
Keine Haftung des Recyclinghofbetreibers
Das OLG Köln war jedoch der Auffassung, dass dem Versicherungsnehmer keine Ersatzansprüche gegen den Beklagten zustanden, sodass auch kein Forderungsübergang auf die Klägerin stattfand.
Laut OLG schied die Anwendung des § 906 Abs. 2 S. 2 BGB aus, weil es hierzu an der für den nachbarschaftlichen Ausgleichsanspruch erforderlichen Grundstücksbezogenheit fehlte. Denn die Explosion sei nicht risikospezifisch für das Grundstück gewesen, da die Handlung, die zum Schaden führte, auch an einer anderen Stelle hätte vorgenommen werden und der Schaden dadurch auch an einer anderen Stelle hätte eintreten können.
Auch fehlte die für den nachbarschaftlichen Ausgleichsanspruch erforderliche Störereigenschaft i. S .d. § 1004 Abs. 1 BGB, weil – im Gegensatz zu Erdreich – in Bauschutt nicht mit Kampfmittelaltlasten gerechnet werden müsse und somit für den Recyclinghofbetreiber kein Anlass bestand, die Trümmer auf Bomben oder sonstige explosionsverdächtige Gegenstände zu überprüfen.
Und selbst wenn eine Pflicht zur Sichtkontrolle des Bauschutts auf Kampfmittel bestanden hätte, wäre eine bloße Inaugenscheinnahme des angelieferten Schutts ausreichend gewesen. Die Sichtprüfung wäre jedoch unauffällig verlaufen, weil die Bombe als solche im Bauschutt optisch nicht zu erkennen war, wie die durchgeführte Beweisaufnahme ergab.
Folglich wies das OLG den Anspruch gegen den Beklagten mangels Haftungsgrund zurück.
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